Das Bayerische Gesundheitsforum 2018 – Ein erkenntnisreicher Besuch mit dem DITG
Bereits zum 16. Mal fanden sich auf Einladung von Herrn Prof. Dr. Andreas H. Grün zahlreiche Entscheider und Experten aus Gesundheitspolitik- und Wirtschaft zum jährlich wiederkehrenden Gesundheitsforum in München ein. Die Diversität der angekündigten Vorträge und Round Tables versprach einen intersektoralen Erfahrungsaustausch zu den aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens und das Aufkommen bekannter Reibungspunkte zwischen den Versorgungssektoren.
Die Veranstaltung startete am Freitag, den 27. April, mit dem ersten Round Table zu dem Thema Gesundheitspolitik – Koalitionsvertrag, Chancen und Herausforderungen. Dabei erwies sich die späte Regierungsbildung als Segen und Fluch für die zweitägige Veranstaltung zugleich. Einerseits konnte Prof. Grün bei der Planung des Forums etwaige Amtsträger nur antizipieren, andererseits erlebten die Besucher politische Inhalte am Puls der Zeit.
Die beiden seit einigen Jahren heiß diskutierten Themen „Schnittstellen der ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen“ sowie die „Verteilungsgerechtigkeit aus dem Morbi-RSA“ sorgten auch auf dem Gesundheitsforum wieder für spannende Diskussionen zwischen den Podiumsteilnehmern. In Bezug auf Ersteres warb die Präsidentin der Ärztekammer Bremen Dr. Heidrun Gitter für mehr „Behandlungskontinuität“ bei einem Wechsel der Patienten zwischen den Sektoren. Die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e.V. Ulrike Elsner kritisierte einzelne Mechanismen des Morbi-RSA, welche eine finanzielle Bevorzugung des AOK-Lagers mit sich bringen würden. Aus dem Publikum hielt ein Vertreter der AOK Nordost entgegen, dass einzelne Kassen innerhalb der Kassenarten unterschiedlich gut gestellt seien und eine pauschale Kassenartenbetrachtung demnach nicht sinnvoll sei.
Im Bereich des Versorgungsmanagement hob die Vorständin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde die geringen Zeitressourcen eines Psychiaters anschaulich hervor, der im Schnitt nur 45 Minuten pro Quartal pro Patient für Patientengespräche zur Verfügung haben würden. In diesem Zusammenhang warb Dr. Hauth für digitale Applikationen, die das Erreichen der Behandlungsziele des Patienten zwischen den Arztterminen unterstützen können – ein Ansatz den das DITG bereits seit 2013 mit dem Lebensstilinterventionsprogramm TeLiPro bei der Behandlung von chronisch kranken Patienten erfolgreich verfolgt.
Mit der Frage wie Medizin ohne Sektorengrenzen (mit Unterstützung der Digitalisierung) zu gestalten ist, beschäftigte sich der Round Table rund um die Szenegröße Dr. Rainer Hess, der für die konsequente Anwendung von Disease Management Programmen für chronisch kranke Patienten warb. Der als Experte in die Diskussion einbezogene CEO des DITG Bernd Altpeter wies darauf hin, dass ein rein digitales Engagement in diesem Zusammenhang nur begrenzt wirksam ist und eine Ergänzung digitaler Initiativen mit z.B. telefonischen Coachings zwingend notwendig sei, um den Erfolg intersektoraler Versorgungsmaßnahmen sicherzustellen. In dem späteren Auftritt von Herrn Altpeter auf dem Podium wurden die in der Zeitschrift Diabetes Care veröffentlichten Studienergebnisse des DITG präsentiert. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Wirksamkeit von TeLiPro, welches die Anwendung eines Online-Portals mit telemedizinischem Coaching und Wearables für chronisch kranke Patienten kombiniert.
Insgesamt wurde die Veranstaltung von der Frage durchzogen wie ganzheitlich etwaige Ansätze angesiedelt werden sollten. Dabei wurde vor allem in Hinblick auf die Digitalisierung wiederholt die Sinnhaftigkeit versorgungsbezogener Insellösung in Frage gestellt. Nach dem Besuch der vielen Round Tables und Vorträge wurde jedoch deutlich, dass der Inselbegriff nicht pauschal definierbar- und schon gar nicht pauschal zu werten ist. Die Implementierung von z.B. regionalen Initiativen kann u.U. sinnvoll sein, sofern Patient und Markt davon profitieren. Eine Betrachtung des Gesamtmarkts ist hingegen nicht für jede Initiative sinnvoll. Schließlich sind Disease Management Programme per se Insellösungen. Die durch den Gesetzgeber bereitgestellten Wettbewerbsanreize werden dabei oftmals erfolgreich genutzt. Initiativen mit nachgewiesener Wirksamkeit, überzeugendem Kosten-Nutzen-Verhältnis und ganzheitlichem marktorientiertem Ansatz können durchaus Kandidaten für die Regelversorgung sein. Inwiefern eine Initiative in die Regelversorgung überzuführen ist, ist immer im Einzelfall und im Sinne des Patienten zu entscheiden.
Albert Chapiro